Scheidender SPD-Kreisvorsitzender Hans Feuß

Die Glocke, 26.05.2018

„Sitz im Landtag habe ich auch FDP zu verdanken“
Bild: Walkusch
Nach zwölf Jahren als SPD-Kreisvorsitzender ist für Hans Feuß Schluss. Am 2. Juni wird sein Nachfolger gewählt. Künftig will er mehr Zeit mit der Familie und Kultur verbringen.
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„Die Glocke“: Mit welchen Gefühlen blicken Sie dem 2. Juni entgegen?

Feuß: Mit Freude, Stolz und etwas Wehmut. Ich bin jede Aufgabe immer engagiert angegangen. Aber zwölf Jahre sind auch einfach genug. Der Kreisverband ist mit dem neuen Team – das der Vorstand vorgeschlagen hat – in guten Händen. Thorsten Klute hat kommunalpolitische Erfahrungen. Und die braucht man mit Blick auf die Kommunalwahl 2020 und auf die Europawahl 2019.

„Die Glocke“: Ihr wahrscheinlicher Nachfolger Thorsten Klute hatte sich zuletzt ganz anders positioniert als Sie. Er stimmte für eine Groko beim Bundesparteitag. Sie waren dagegen.

Feuß: Ich sehe das sehr positiv. Es zeigt, dass in der Partei auf allen Ebenen diskutiert wird. Im Gegensatz zu manchen Wendehälsen haben wir unsere Meinungen immer klar kommuniziert.

„Die Glocke“: Haben Sie Angst, dass Ihr Nachfolger den Kreisverband umkrempelt, wenn Sie weg sind?

Feuß: Nein. Entscheidend sind für uns die Diskussionen auf kommunaler Ebene. Da hat Thorsten Klute Erfahrung. Er weiß, wie man erfolgreich Wahlkampf macht. Und das brauchen wir.

„Die Glocke“: In zwölf Jahren haben Sie einiges erlebt. Höhen und Tiefen der SPD gab es reichlich. Was ist Ihnen vorrangig in Erinnerung geblieben?

Feuß: Positiv mein Einzug in den Landtag 2012. Das habe ich auch der FDP zu verdanken. Ich war zuvor zweimal angetreten – allerdings erfolglos. Und 2015 wollte ich das nicht noch einmal. Aber dann lehnte die FDP den Haushalt ab, und es kam zu Neuwahlen 2012. Das war ganz schön knapp. Erst um 22 Uhr stand fest, dass ich in den Landtag einziehen würde. Seitdem ist „An Tagen wie diesen“ von den Toten Hosen meine Lieblingsplatte. Negativ ist mir die deutliche Niederlage gegen Ursula Doppmeier bei der Landtagswahl 2005 in Erinnerung geblieben. Am gleichen Abend kündigte Gerhard Schröder Neuwahlen auf Bundesebene an. Da war meine persönliche Niederlage nicht mehr wichtig.

„Die Glocke“: Worauf sind Sie besonders stolz?

Feuß: Dass mein Sohn mein Nachfolger im Stadtrat Harsewinkel geworden ist. Ich hatte im Sommer 2012 mein Mandat niederlegt, nachdem ich in den Landtag eingezogen bin.

„Die Glocke“: Was hätten Sie in Ihrer Funktion als SPD-Kreisvorsitzender im Nachhinein anders gemacht?

Feuß: Die Vorstandssuche hat sich schwierig gestaltet. Aber das haben wir im Vorstand schließlich gemeinsam geschafft. Ich habe mich auf allen Ebenen massiv gegen die Groko ausgesprochen. Das war meine persönliche Meinung und nicht die des gesamten Vorstands. Das hätte ich deutlicher machen müssen.

„Die Glocke“: Gab es für diese Äußerungen Kritik aus den eigenen Reihen?

Feuß: Ja. Aber die eigene Meinung soll man äußern. Man muss sich einmischen. Jetzt ist das Thema durch. Ich verfolge die Groko immer noch kritisch.

„Die Glocke“: Die SPD ist im Nordkreis deutlich besser aufgestellt als im Südkreis. Woran liegt das?

Feuß: Im Norden des Kreises gibt es eine starke sozialdemokratische Tradition. Dort stellen wir in vier von fünf Kommunen die Bürgermeister und die stärkste Fraktion im Rat. Das ist eine ganz andere Basis, wenn man da als SPD auf die Straße geht.

„Die Glocke“: Hat das Ihre Arbeit als Kreisvorsitzender beeinflusst?

Feuß: Im Süden sind wir als SPD strukturell schwächer als im Norden. Deshalb müssen weniger Genossen mehr Arbeit leisten. Der Kreisverband unterstützt im Rahmen seiner Möglichkeiten. Ehrenamt und Politik machen Spaß. Man lernt so viele unterschiedliche Menschen dabei kennen.

„Die Glocke“: Hand aufs Herz: Macht dann der Wahlkampf im Südkreis überhaupt Spaß?

Feuß: Schon, wenn man in einigen Kommunen dadurch einen Stimmenzuwachs verzeichnen kann. Außerdem macht es auch Spaß, wenn man da gute Leute hat, zum Beispiel den Youngster Philipp Micus aus Langenberg oder mit Gerd Muhle einen routinierten Fraktionsvorsitzenden in Rietberg.

„Die Glocke“: Wie sehen Sie den Gütersloher SPD-Kreisverband für die kommenden Jahre aufgestellt?

Feuß: Wenn der Vorstand so gewählt wird, wie er vorgeschlagen wurde, sind die Voraussetzungen für die kommenden Land- und Bundestagswahlen gut. Außerdem konnten wir durch die Groko-Debatte viele Mitglieder gewinnen. Es ist gut, wenn mehr Menschen Verantwortung übernehmen und sich parteipolitisch engagieren.

„Die Glocke“: In welcher Form werden Sie dem Kreisverband erhalten bleiben?

Feuß: Ich werde als Delegierter für Parteitage zur Verfügung stehen. Außerdem stehe ich als Referent und Moderator für Seminare und Veranstaltungen zur Verfügung. Ansonsten werde ich mich ab dem 2. Juni zu politischen Themen nur noch öffentlich äußern, wenn ich gefragt werde.

„Die Glocke“: Wie sieht denn der Alltag für einen ehemaligen Vollblut-Politiker aus?

Feuß: Ich lese täglich gründlich die Tageszeitungen – den Sportteil immer zuerst. Außerdem will ich regelmäßig ins Fitness-Studio gehen. Theater und Schlado stehen auch auf dem Programm. Und ich will mein Italienisch intensivieren. Zudem bin ich Vorsitzender des Kreissportbunds. Da gibt es noch viele Aufgaben. „

Die Glocke“: Was ist in Ihrer Zeit als ehrenamtlicher und Berufspolitiker im Landtag zu kurz gekommen?

Feuß: Bestimmte kulturelle Dinge. Da habe ich jetzt größere Freiheiten, auch was Urlaubszeiten angeht. Außerdem bin ich seit 43 Jahren verheiratet. Die Ehefrau und Freunde sind mir zum Glück erhalten geblieben. Jetzt habe ich mehr Zeit für sie, besonders auch für meine beiden Enkel Filippa und Camillo. Auch möchte ich Bücher lesen, ohne sie direkt auszuwerten, und Musik hören und nichts nebenbei machen müssen.

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