
21.10.15 Kreis Gütersloh. „Unsere Flüchtlinge“ war die Diskussionsveranstaltung überschrieben, zu der am Montagabend die SPD-Kreistagsfraktion gemeinsam mit den SPD-Arbeitnehmern (AfA) ins Rhedaer „Haus der Ausbildung“ des Pro Arbeit e.V. eingeladen hatte. Die aktuelle Debatte um die Flüchtlinge nahm die Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Liane Fülling, zu Beginn auf: „Das erschreckende Attentat in Köln, die Hetze gegen Flüchtlinge, Politikerinnen und Politiker bei Pegida-Demonstrationen sowie die üblen rassistischen Äußerungen in den sozialen Medien erschrecken alle Demokraten.“ Dem entgegenzutreten und die Äußerung der Bundeskanzlerin „Wir schaffen das“ im ostwestfälisch pragmatischen Sinn „Wir machen das hier im Kreis Gütersloh“ umzusetzen, stand dabei im Mittelpunkt des Abends. Experten auf dem Podium wie auch zahlreiche ehrenamtlich engagierte Menschen in Flüchtlingsinitiativen unter den rund 50 Besucherinnen und Besuchern erörterten gemeinsam die Chancen von Flüchtlingen auf dem Arbeits- und Ausbildungsmarkt.
NRW-Integrationsstaatssekretär Thorsten Klute stellte als wichtigste aktuelle Aufgabe die Sicherung des Zusammenhalts in der Gesellschaft heraus. Flüchtlinge, Helferinnen und Helfern sowie die vielen überaus engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Verwaltungen vor Ort, bei den Kirchen und in Organisationen dürften sich bei all den akuten Schwierigkeiten, vor die die Geflüchteten uns stellten, nicht entmutigen lassen.
„Sprache, Bildung, Arbeit – und Wohnen“ sind die Aufgaben, die aktiv angegangen werden sollten. Heike Zarling von der Gütersloher Agentur für Arbeit wies auf das Programm „early intervention“ hin, mit dem die Arbeitsagenturen Flüchtlingen auf ihrem Weg in den Arbeitsmarkt helfen. Auch Sprachkurse zum Einstieg würden jetzt von den Agenturen ebenso gefördert wie die Berufs- und Ausbildungsberatung in den Schulen. Auch der Jobcenter-Chef im Kreis Gütersloh, Fred Kupczyk, zeigte sich optimistisch, die Herausforderungen meistern zu können. Das zeige die gute Entwicklung der letzten Wochen, in denen nach der politischen Klarstellung auch die Übernahme von betroffenen Menschen von der Agentur für Arbeit zum Jobcenter Hand in Hand erfolge. Der Geschäftsführer des Westdeutschen Handwerkskammertages, Andreas Oehme – aus Düsseldorf angereist -, wies allerdings eindrucksvoll auf die Mühen hin, die sich ergeben, wenn gerade kleine und mittlere Betriebe etwas für die Beschäftigung von Flüchtlingen tun wollten: Allein 13 unterschiedliche Aufenthaltstitel gebe es, die bestimmten, ob jemand eine Arbeit aufnehmen dürfe oder nicht. Grundsätzlich begrüßte er, dass nun auch geduldete Flüchtlinge eine Ausbildung aufnehmen dürften. Oehme forderte allerdings nachdrücklich eine weitere Lockerung des Aufenthalts für die gesamte Ausbildungszeit sowie mindestens zwei weitere Jahre. Betriebe hätten ein berechtigtes Interesse, von ihnen Ausgebildete dann auch weiter einzusetzen: „Der Fachkräftemangel ist doch in vielen Bereichen akut“.
In der von der Vorsitzenden des Arbeits- und Sozialausschusses im Kreistag, Anke Unger, geleiteten Diskussion beklagten ehrenamtliche Helferinnen und Helfer oftmals anzutreffende Blockaden bei Ämtern und Verwaltungen. Neben dem Angebot der Experten auf dem Podium, sich um konkret benannte Fälle zu kümmern, wies Staatssekretär Klute auf Aufgaben und Verantwortung der örtlichen Ausländerbehörde hin: Dies seien diejenigen, die noch mehr an den Schnittstellen zwischen den Helferinnen und Helfern, ihren Organisationen sowie den hauptamtlich und professionell Tätigen arbeiten müssten. Das Land NRW werde mit Beginn des nächsten Jahres mit dem Projekt „Komm an in NRW“ die bestehenden Integrationsmaßnahmen weiter ausbauen sowie auch zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen.
Mit vielen Einzelgesprächen, dem Adressen- und weiterem Informationsaustausch klang die Veranstaltung dann bei einem kleinen leckeren Imbiss aus, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom „Haus der Ausbildung“ vorbereitet hatten.
Als Handreichung für interessierte Ausbildungsbetriebe hat der Westdeutsche Handelskammertag (WHKT) eine Broschüre aufgelegt: „ERLAUBNIS ZUR AUSBILDUNG UND ARBEIT – Information für Personalentscheider/innen
Damit Personalentscheider in Betrieben und die Fachkräfte der Kammern für ihre Vermittlungstätigkeit entscheiden können, ob zugewanderte Menschen aus dem Ausland hier ausgebildet oder beschäftigt werden dürfen, hat der WHKT eine Handreichung erstellt. Darin sind alle Dokumente enthalten, die potenzielle Bewerber/innen haben können. Damit gibt es erstmals für Arbeitgeber eine vollständige Übersicht.