


Presseartikel aus „Die Glocke“ vom 21.04.2015
Von unserem Redaktionsmitglied Martin Neitemeier
Kreis Gütersloh (gl). Die Kreistagsfraktionen von SPD, Grünen und FWG/UWG haben den CDU-Bundestagsabgeordneten und stellvertretenden Vorsitzenden der Unionsfraktion Ralph Brinkhaus aufgefordert, sich im Bundestag für eine Aufhebung des Beschäftigungsverbots für geduldete Jugendliche einzusetzen. Der Gütersloher solle sich der entsprechenden Initiative der Bundesländer anschließen, heißt es in dem gemeinsamen Brief.
„Es ist unfassbar, wie wir mit den Biografien junger integrationswilliger Migranten umgehen, in deren Ausbildung wir Geld gesteckt haben und die wir als Fachkräfte dringend brauchen“, sagte Grünen-Sprecherin Helga Lange am Montag zur bisherigen Praxis. Bekanntlich steckt ein Fall aus dem Kreis Gütersloh hinter der aktuellen Debatte über das Beschäftigungsverbot. Bisher dürfen geduldete Jugendliche in Deutschland zwar zur Schule gehen, danach aber nicht studieren oder arbeiten. Genau das wollte ein Mann aus Versmold nach seinem Einser-Abitur mit Aussicht auf einen Studienplatz. Doch weil seine Herkunft unklar ist, sagte der Kreis Gütersloh Nein. Seine Eltern und auch er haben sich bisher zu ihrer tatsächlichen Herkunft nicht geäußert.
Das derzeitige Beschäftigungsverbot gehe zu Lasten junger Menschen, die als Minderjährige nicht selbst über ihre Einreise entschieden hätten und für die Deutschland inzwischen eine Heimat sei, heißt es in dem Brief an Brinkhaus, den auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zur Weiterleitung an alle Fraktionen erhält. Zudem soll der Kreistag im Juni eine Resolution verabschieden. Die Rechtslage sei nicht im Sinn der Kommunen und sorge „für großes Kopfschütteln aller, die an Fälle wie diesen mit gesundem Menschenverstand herangehen“, so die Kreispolitiker. Die Praxis zeige, dass der von Dogmatikern favorisierte Druck durch das Arbeitsverbot nicht zur Feststellung der Herkunft der Geduldeten beitrage.
„Der Versmolder ist integriert, intelligent und erfolgreich – alles, was wir von Migranten erwarten. Wir schicken ihn aufs Sofa, weil er das Fehlverhalten seiner Eltern nicht aufdeckt. Das darf nicht sein“, sagt Liane Fülling (SPD). „Man hängt ihm die Versäumnisse seiner Eltern an“, kritisiert auch Johannes Sieweke (Freie Wähler). Der Jurist verweist auf das Vermögensrecht, wo 18-Jährige losgelöst von Fehlern der Eltern auch „bei Null anfangen“.
Die drei Fraktionen kritisieren Landrat Sven-Georg Adenauer (CDU), der für die Beibehaltung des Verbots eintritt. Die vorgeschlagene Gesetzesänderung erhöhe den Druck, in der Familie dauerhaft die Herkunft zu verschleiern, so der Landrat. Doch damit sei niemandem geholfen.