Aktiv gegen Frauenarmut

„Nur kleine Brötchen backen“, heißt es für viele Frauen: Typische Frauenberufe wie Erzieherin, Friseurin, Altenpflegerin oder Arzthelferin sind im Vergleich zu eher männerdominierten Berufen schlecht bezahlt.
Und trotzdem sind sie bei jungen Frauen immer noch sehr beliebt. Der Grundstein für eine geringe Rente ist damit schon gelegt. Aber auch beim Gehalt gibt es große Unterschiede: Statistisch gesehen sind es 22 Prozent, die Frauen im Durchschnitt weniger verdienen als Männer.

Mit einer kreisweiten Kampagne, die zum equal pay day – dem Tag der Entgeltgleichheit am 19. März – stattfindet, weist die Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Gleichstellungsstellen im Kreis Gütersloh auf die erschreckend hohe Zahl von Armut bei Frauen hin. "Betroffen sind Frauen aller Generationen, besonders häufig trifft es Alleinerziehende und Rentnerinnen", verdeutlicht Ellen Wendt, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Gütersloh.

Mit der Kampagne machen die Gleichstellungsstellen im Kreis Gütersloh vom 16. bis zum 23. März auf das Problem von Frauenarmut im Kreis Gütersloh aufmerksam. "Wir wollen den Blick auf die Armutsrisiken im Lebenslauf von Frauen lenken und Frauen für diese Risiken sensibilisieren", macht Inge Trame, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Gütersloh, deutlich. Die Kampagne wird gemeinsam mit Studierenden der Design-Akademie Berlin und der Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Gleichstellungsbüros umgesetzt.

Es gibt verschiedene Kampagnenmotive, die als Postkarte verteilt werden und in Kneipen und Bäckereien ausliegen. Außerdem sind, mit Unterstützung der Stadtwerke Gütersloh, Plakate in den Stadtbussen zu sehen. Das Motiv mit der Aussage, ‚Reicht nicht mal für’n Apfel und ein Ei‘, weist darauf hin, dass Männer Karriere machen, während viele Frauen die Kinder zu Hause betreuen und jahrelang in Teilzeit oder als Minijobberinnen arbeiten. 45 Prozent der erwerbstätigen Frauen arbeitet in Teilzeit, bei den Männern sind es 9,8 Prozent. 63 Prozent der Minijobber sind im Kreis Gütersloh Frauen. Unter den Bezieherinnen und Beziehern von Hartz IV ist die Gruppe der alleinerziehenden Mütter besonders groß. Im Kreis Gütersloh beträgt sie 23,3 Prozent. Die Aussicht auf eine existenzsichernde Rente sinkt für diese Frauen weiter. Werden dann noch Familienangehörige krank und diese zu Hause gepflegt, übernehmen oftmals Frauen diese Aufgabe und steigen (teilweise) aus dem Beruf aus. Der Slogan ‚Arbeit für die Katz‘ macht auf die niedrige Rente von Frauen aufmerksam. Statistisch gesehen erhalten Frauen im bundesdurchschnitt 60 Prozent weniger Rente als Männer. 63 Prozent der Frauen bekommen weniger als 650 Euro Rente. Im Kreis Gütersloh liegt die Durchschnittsrente bei 1203 Euro für Männer und 541 Euro für Frauen.

Ein weiterer Baustein der Kampagne sind drei unterschiedliche Kinospots, die das Bambi Programmkino Gütersloh zeigt. Sie beschäftigen sich auf verschiedene Art und Weise mit dem Thema Frauenarmut. ‚Was Frauen wert sind – Frauen lesen Frauengeschichten, steht am 18. März bei der Veranstaltung ‚little red Snack‘ auf dem Programm. Beginn ist um 18.30 Uhr in den Räumen der Stadtbibliothek Wiedenbrück. Am Gütersloher Rathaus wehen zum equal pay day Fahnen, die die Debatte über die Gründe von Entgeltunterschieden zwischen Männern und Frauen öffentlich machen.

Weitere Informationen zu der Kampagne gibt es unter www.pia-online.eu.

Zum Thema: Frauenarmut

  • Frauen sind seltener als Männer ökonomisch unabhängig von Anderen.
  • Frauen, vor allem alleinerziehende Mütter, sind häufiger von Armut betroffen als Männer und müssen im Alter im Durchschnitt mit einer geringeren Rente auskommen.
  • Frauen sind zu einem geringeren Anteil erwerbstätig als Männer und arbeiten zu sehr viel höheren Anteilen in Teilzeit.
  • Frauen haben im Durchschnitt ein geringeres eigenes Einkommen als Männer.
  • Frauen wählen zu großen Teilen Berufe mit helfenden, pflegenden, sozialen, erzieherischen Tätigkeiten mit geringem Lohnniveau und geringen Karriereperspektiven.
  • Frauen nehmen in Unternehmenshierarchien durchschnittlich niedrigere Positionen ein als Männer. Ihr Anteil ist umso geringer je höher die Hierarchie-Ebene ist.
  • Bei formal gleicher Qualifikation und Tätigkeit erhalten Frauen in Privatunternehmen im Durchschnitt ein um ca. 7 Prozent geringeres Stundenentgelt als Männer.
  • Die gesamten strukturellen Unterschiede belaufen sich auf einen arbeitszeitbezogenen Entgeltunterschied in der Privatwirtschaft von 22 Prozent (der so genannte "Gender Pay Gap").
  • Jungen Frauen ist heute die Erwerbstätigkeit wichtiger als früheren Generationen; mehr junge Männer wünschen sich mehr Zeit für Partnerschaft und Familie.
  • Mutterschaft führt mit sehr viel größerer Wahrscheinlichkeit als Vaterschaft zu Unterbrechungen bzw. Reduktion der Erwerbstätigkeit.
  • Die unterdurchschnittliche Erwerbsbeteiligung von Frauen wird aus volkswirtschaftlicher Sicht als ungenutztes Humankapital gesehen.
  • Gewerkschaften sehen Vorteile für Unternehmen, die durch Maßnahmen zur Gleichstellung und Familienfreundlichkeit mehr Frauen als Arbeitskräfte gewinnen.
  • Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern im Erwerbsleben sind entscheidend durch (auch potenzielle) Mutterschaft verursacht.
  • Viele Frauen, werden vor die Wahl zwischen Kind oder Beruf und Karriere gestellt, verzichten auf das Kind, obwohl sie eigentlich einen Kinderwunsch haben. Darin wird ein Problem für die Demographie gesehen.

    Zum Thema: equal pay day
    Auf Initiative der Business and Professional Women Germany wurde 2008 in Deutschland erstmals der equal pay day, der internationale Aktionstag für die Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen, durchgeführt. Ursprünglich entstand die Idee in den USA. Dort riefen die die amerikanischen Business and Professional Women bereits 1988 die ‚Red Purse Campaign‘ ins Leben, um auf die bestehende Lohnkluft hinzuweisen. Mehr Informationen unter www.equalpayday.de.

    Der Text dieses Artikels wurde uns freundlicher Weise von der Arbeitsgemeinschaft zur Verfügung gestellt.