Anhaltender Beifall für Andrea Nahles

Lockeres Gespräch: Ulrike Boden (von links), Wolfgang Bölling, Klaus Brandner, Andrea Nahles, (im Hintergrund ihr Fahrer) Hans Feuß und Anne Rodenbrock-Wesselmmann begrüßen sich und tauschen vor dem Tagungslokal und dem Kreisparteitag Gedanken aus

Halle/Kreis Gütersloh (hego). Andrea Nahles kam, sprach und siegte. Mit lang anhaltendem Beifall wurde sie am Samstagmorgen von den Genossen bedacht, als sie den Saal im Gasthof Jäckel in Künsebeck nach knapp zweistündigem Auftritt wieder verließ. Für ihre 90-minütige Rede vor den 105 Delegierten des Kreisparteitages hatte sie sich perfekt vorbereitet und detailliert den Entwurf der »Gütersloher Erklärung« kommentiert. Die sogenannte »Parteilinke« kandidiert auf dem Hamburger Parteitag für die Position einer stellvertretenden Vorsitzenden. Kreisvorsitzender Hans Feuß zitierte zur Beginn des Parteitages Johannes Rau, den »Menschenfischer« der SPD, der zum Vertrauensverlust der Politik 2004 gesagt hatte, dass Verantwortung der Politik und die Selbstverantwortung der Bürger nötig seien für eine positive Zukunft. Konstruktive Mitverantwortung werde gerade in der SPD geleistet, in dem die Kreisverbände intensiv und demokratisch an einem neuen Positionspapier für die Zukunft arbeiten. Grundlage der Diskussion ist das sogenannte »Bremer Papier«, die Diskussionsgrundlage des Parteivorstandes. Sinn des Parteitages am Samstag war es, den Diskussionsprozeß im Kreis Gütersloh zu dem Grundlagenpapier in der »Gütersloher Erklärung« zu formulieren. Die Änderungen zum »Bremer Papier« werden als Diskussionsgrundlage auf dem kommenden Hamburger Parteitag vorgetragen und möglicherweise ihren Niederschlag finden.Nahles sagte in ihrer Rede, wichtig seien für sie drei Ziele: 1. Arbeit für alle; 2. Menschen müssten wieder Zeit bekommen für Familie und Freunde und 3. Deutschland müsste das Land mit der geringsten Kinderarmut werden. Anders als bei CDU werde das neue Parteiprogramm mit der Basis erarbeitet. Rund 10000 Änderungsanträge zum Grundlagenpapier seien inzwischen eingegangen, das sei anstrengend, aber enorm wichtig für die demokratischen Strukturen und das Verständnis in der Partei.Nahles begründete, warum ein neues Parteiprogramm nötig sei: „Heute schauen wir dem globalen Kapitalismus ins Gesicht, der Mensch ist zur Ware geworden, die Länder zu Standorten. Diesen Entwicklungen muss man sich stellen, um nicht unterzugehen.“ Die Sozialdemokratin setzte sich für eine europäische Regierung ein, die sich mit Kernaufgaben befasse und nicht wie die Kommission sich in alles einmische. Bei der Außenpolitik müsse sichergestellt werden, dass von Deutschland auch weiterhin kein Krieg mehr ausgehen dürfe, und schließlich müsse man mehr für den Nachwuchs tun, zum Beispiel die Benutzung der Kindergärten kostenlos anbieten. Nach der Verabschiedung von Nahles übernahm Vers-molds Bürgermeister Torsten Klute die Moderation des fast dreistündigen Abstimmungsmarathons, auf dem Punkt für Punkt die Änderungen der Ortsvereine in den Entwurf der Gütersloher Erklärung einflossen. Ausgiebig diskutiert wurde zum Beispiel die Abschaffung des Wehrdienstes. Die örtlichen Jusos wollten das mit einem sozialen Pflichtjahr für Männer und Frauen verbinden. Das fand aber nicht die Mehrheit im Kreis. Dort einigte man sich auf die Abschaffung. Die gegenwärtige Position des Bundesvorstandes sieht eine Beibehaltung der Wehrpflicht vor, allerdings nur mit Freiwilligen als Soldaten.