„Der Peer, der kann das“

Gütersloh. Franz Müntefering liebt die knappen Gesten und noch mehr die kurzen Sätze. Und so hatte er für die 250 Gäste in der Stadthalle beim Wahlkampfauftakt der SPD zur Landtagswahl auch gleich drei knappe Botschaften parat: "Wollen wir gewinnen? Ja! Können wir gewinnen? Ja! Sind wir fest entschlossen? Ja!"

Sätze, für die es viel Applaus gab von den mehrheitlich sozialdemokratischen Zuhörern. Denen machte Müntefering Mut für den Wahlkampf, "auch wenn die Umfragewerte schlecht sind", doch was seien schon Umfragen. "Auch 2002 haben uns alle totgesagt und sogar versucht, uns das wissenschaftlich zu beweisen.

Wir haben die Wahl dennoch gewonnen." Und das werde auch am 22. Mai in NRW der Fall sein, "wenn wir denn kämpfen bis zu letzt, bis um 18 Uhr", sagte der SPD-Bundesvorsitzende, den der heimische Bundestagsabgeordnete Klaus Brandner als "unseren Sauerländer" begrüßte.

Müntefering empfahl den amtierenden Ministerpräsidenten und SPD-Spitzendkandidaten den Wählern und auch seinen Genossinnen und Genossen mit dem Satz: "Der Peer, der kann das." Der kenne die richtigen Türen in Berlin, um etwas für NRW zu bewegen. Und wenn es um die Interessen seines Landes gehe, könne er auch ganz schön ungemütlich werden.

Doch nicht nur Steinbrück könne NRW besser regieren als Rüttgers, sondern auch die SPD. Müntefering: "Viel SPD tut NRW gut." Die SPD, das machte Müntefering im inhaltlichen Teil seiner Rede deutlich, sei der Garant dafür, dass das Land NRW, aber auch die Bundesrepublik in Gänze sozial bleibe. Bei Müntefering hört sich das so an: "Wer Soziales will, muss SPD wählen." Und: "Wer das Ende der Tarifautonomie, wer Studiengebühren, Kopfpauschale und längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich will, der wählt eben Rüttgers."

Bei allem Bekenntnis zu einem sozialen Gemeinwesen, machte Müntefering aber auch deutlich, dass "wir uns der Globalisierung stellen müssen, der können wir nicht entkommen". Aber er kritisierte auch wiederum deren Auswüchse. Den Job-Abbau bei der Deutschen Bank trotz großer Gewinne verurteilte er genauso wie die Dumping-Löhne in der Fleischindustrie und das grassierende Steuerdumping in Europa.

In Mindestlöhnen und Steuerkorridoren sieht der SPD-Fraktionsvorsitzende, der die Arbeitslosigkeit eine "Seuche" nannte, einen Ausweg. Schlicht als "verrückt" bezeichnete Müntefering das Ausgrenzen älterer Arbeitnehmer aus dem Arbeitsprozess. Auch die Schwarzarbeit geißelte er und verteidigte die Agenda 2010.

Am Ende gabs großen Applaus und Müntefering trat mit einem kurzen Diener und auf Hüfthöhe empor gereckten Daumen ab. Von Klaus Brandner gabs als Dank einen "Schröders" Kräuterschnaps mit 42 Prozent. "So viel, wie wir bei der Wahl am 22. Mai holen werden."

Und DIE GLOCKE berichtete:

Landtagswahl am 22. Mai
Müntefering will Sozialstaat sichern

Kreis Gütersloh(ng). Zum Beginn der heißen Phase im Landtagswahlkampf hat der SPD-Kreisverband am Freitag Bundessparteichef Franz Müntefering nach Gütersloh geholt. Der Parteivorsitzende sprach den Genossen Mut zu: "Wir werden am 22. Mai das Rennen machen. Die CDU muss weitere fünf Jahre üben, wie man konstruktive Oppositionsarbeit leistet." Er spielte damit auf die seiner Auffassung nach "unbrauchbaren und unausgegorenen" Vorschläge der CDU zu den anstehenden Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt und bei den Sozialsystemen an. CDU-Spitzenkandidat Jürgen Rüttgers propagiere das Ziel "Jeder sorgt für sich allein". Müntefering: "Das wäre das Aus für den Sozialstaat in jetziger Form. Auch in Zukunft müssen Menschen in existenzbedrohenden Situationen von der Gemeinschaft aufgefangen werden." Franz Müntefering forderte die mehr als 200 Genossen aus dem gesamten Kreisgebiet während seiner Rede in der Gütersloher Stadthalle dazu auf, die weltweite Globalisierung als Chance und nicht als Gefahr zu sehen. Es gelte, aus der Europäischen Union eine Wirtschaftskraft zu machen, die sich im internationalen Wettbewerb behaupten kann. Die Verschiebung der Altersstruktur (Geburtenrückgang bei gleichzeitiger Steigerung der Lebenserwartung) müsse in den Unternehmen ein Umdenken zur Folge haben: "Dass Arbeitslose über 50 Jahre nicht mehr eingestellt werden, halte ich für eine fatale Entwicklung. In Zukunft wird es sich kein Chef mehr leisten können, auf die Erfahrung und Fachkompetenz älterer Mitarbeiter zu verzichten." Dass der Altersdurchschnitt der Bevölkerung stetig steige und die Lebensarbeitszeit zugleich sinke, sei paradox.