
Beitrag von Klaus Brandner gegen Arbeitszeitverlängerung
Forderungen nach genereller Arbeitszeitverlängerung sind rückwärts gewandt und kein Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Etliche Unternehmen, so z.B. VW und Telekom, wollen im Gegenteil mit kürzeren Arbeitszeiten in schwierigen Situationen Beschäftigung sichern.
Wenn Arbeitgeber Arbeitszeitverlängerung wünschen, meinen sie meistens Lohnsenkung. Davor haben viele Beschäftigte Angst genau so wie vor Arbeitslosigkeit, sodass Arbeitszeitverlängerung wie das kleinere Übel erscheint. Trotzdem ist sie arbeitsmarktpolitisch kontraproduktiv. Besonders im öffentlichen Dienst gefährdet sie Arbeitsplätze und senkt die Einstiegschancen von jungen Menschen drastisch.
In der Privatwirtschaft ist starker Druck nicht zu bestreiten, obwohl Deutschland gerade gegenüber den osteuropäischen EU-Beitrittsländern einen großen Exportüberschuss aufweist. Das schafft wiederum Arbeitsplätze. Entscheidend sind nicht die individuellen Arbeitszeiten, sondern die Maschinenlauf- bzw. Betriebsnutzungszeiten. Hier liegt Deutschland deutlich über dem EU-Durchschnitt, wir haben außerdem die kürzesten Stillstandszeiten. Nicht zuletzt deshalb sind gerade in den Kernaggregaten der Industrie die Betriebszeiten von 1990 bis 2001 um 19 % auf fast 87 Stunden pro Woche gestiegen. Dieses Potenzial gilt es durch möglichst große, an den betrieblichen Bedürfnissen angelegte Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung zu nutzen. Die Tarifvertragsparteien haben längst praxistaugliche Lösungen verankert. Sie orientieren sich hauptsächlich am betrieblichen Bedarf mit der Folge, dass die Ausweitung von Betriebs- und Servicezeiten die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe verbessert.
Die Arbeitszeitgestaltung hat auch eine gesellschaftliche Dimension. Wir brauchen differenzierte Lösungen, um z.B. mit flexiblen Arbeitszeiten verstärkt Qualifizierungsmaßnahmen durchzuführen und Familie und Beruf besser zu verknüpfen. Eine echte Altersteilzeit anstelle des Blockmodells könnte ältere Arbeitnehmer länger im Beruf halten.